Der Blog über meine Erlebnisse von der Diagnose, über OP bis ...

Monat: November 2016

Wie es zu meiner Diagnose kam

Am 02.08.2016 hatte ich einen Verkehrsunfall, bei dem mir ein von rechts kommender Wagen die Vorfahrt genommen hat und seitlich in meinen Wagen reingefahren ist. Bei dem Unfall ist nichts Gravierendes passiert, mein geliebter erster Wagen war hinüber, aber mir selbst ging es bis auf starke Nackenschmerzen gut. Am nächsten Tag, als die Schmerzen immer noch nicht besser waren, ging ich zum Arzt, der mich nach Röntgenaufnahmen mit ein paar Ibu 400 abspeiste und nach Hause schickte. Dazu muss ich allerdings sagen, dass ich schon die letzten 2 Jahre mit Nackenschmerzen zu kämpfen habe. Dabei habe ich mir aber nie was gedacht, ich meine wer kann von sich sagen nach einem langen Arbeitstag keine Nackenschmerzen zu haben? Als nach drei/vier Tagen mein Nackenproblem immer noch nicht besser wurde ging ich zu meinem Hausarzt und bekam eine Überweisung zur Chirurgie und stärkere Muskelentspanner.
In der Chirurgie sah man sich dann die Bilder von dem ersten Arztbesuch an. Ich saß also auf diesem Stuhl neben der Ärztin, die mich ernst ansah und fragte, ob ich tatsächlich einfach nach Hause geschickt wurde…und eh ich mich versah hatte man mir eine Halskrause angelegt und zwei weitere Ärzte und drei Schwestern sahen abwechselnd die Bilder und mich an und regten sich über ihren unfähigen Vorgänger auf. Und damit fing der ganze Wahnsinn erst an.
Ich wurde stationär aufgenommen, damit ich schneller an ein MRT komme. Und auf dieses MRT, das mein Leben völlig umgeworfen hat, wartete ich drei Tage. Damit hatte ich allerdings dann schon mal erste Erfahrungen im Krankenhaus gesammelt, bin dort die Treppe runtergefallen und hab mich schön mit Schmerzmittel vollpumpen lassen, hatte eine Zimmergenossin, die immer dann Besuch bekam, wenn ich gerade eingeschlafen war… Habe quasi alles mitgenommen was dazu gehört.
Nach dem MRT schaute sich der Radiologe dann meine Aufnahme der HWS an. Seine Worte waren: „Das sieht ja schon besser aus als auf den Röntgenbildern, aber der erste Halswirbel… Der sieht irgendwie komisch aus.“ Und damit wurde ich dann erstmal zurück ins Krankenhaus geschickt. Bisher klang das ja alles ganz ok, ist doch egal wenn der erste Halswirbel bisschen anders aussieht ist, mir geht’s ja ganz gut, dachte ich. Während ich aber wieder zurück fuhr ging meine behandelnde Ärztin aus dem Krankenhaus anscheinend die MRT Aufnahmen durch und klärte mich dann sofort auf … Zumindest soweit sie konnte…
„Ihr Rückenmark und die Bänder sind unverletzt, das ist schon mal gut. Aber es gibt auch einen Zufallsbefund: sie haben von Geburt an eine seltene Fehlbildung am Gehirn.“ Sie erklärte mir kurz was genau da wie gewachsen ist und sagte dann „Ich schreib‘ Ihnen den Namen mal auf, dann können Sie mal googlen.“ Joa und so wurde ich dann aus dem Krankenhaus entlassen, ohne zu wissen, was für eine wichtige Information ich bekommen hatte. Mir wurde nicht erklärt, was die Erkrankung bewirkt oder für Symptome entwickelt. Und dann tat ich, was man NIEMALS tun sollte. Ich konnte abends nicht schlafen, griff zum Handy und googelte was das Zeug hielt. Ich glaube mittlerweile habe ich wirklich jede Horrorgeschichte, die es zu finden gab, durchgelesen… Und bekam Panik.
Da stand was von Gehirnoperationen, von Leuten die Lähmungen hatten, Leute die operiert wurden und deren Situation dann noch viel schlimmer war und verzweifelt waren. Ich bekam auch nicht genug von den (wenigen) deutschen Gruselgeschichten, nein ich gönnte mir das ganze nochmal auf Englisch. Sehr toll. Ich denke, jeder, der diese Diagnose anfänglich gestellt bekommen hat, hat was das angeht genau das gleiche erlebt wie ich. Ich weinte mich in dieser Nacht in den Schlaf und wusste nicht was ich tun sollte. Ich war einfach restlos überfordert. Anfangs wollte ich nicht mal mit meiner Mutter darüber reden, wer ist auch schon so dumm und googelt das alles? Da kriegt man sowieso nur gesagt das man stirbt, schwanger ist oder Krebs hat. Aber was sollte ich tun? Irgendwoher brauchte ich doch Infos! Ich wollte schließlich wissen was mit mir nicht stimmt. Dann kam eine Phase in der ich das Ganze irgendwie ignorierte. Genau da fing aber meine Mutter an zu googeln und durchlebte wahrscheinlich das gleiche wie ich. Sie drängte mich eine Überweisung zum Neurologen zu holen und den dann mal sagen zu lassen was Sache ist.

Wer bin ich überhaupt und was mache ich hier?

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Ich bin Hannah, 20 Jahre alt und Studentin.
Vor 2,5 Monaten wurde bei mir die Arnold Chiari Malformation Typ I als Zufallsbefund nach einem Verkehrsunfall diagnostiziert.
Nachdem ich kaum bis gar nicht darüber aufgeklärt wurde, durchforstete ich das Internet, wo ich zig Horrorstorys gefunden habe, die mir den Boden unter den Füßen wegrissen. Und was mich noch am meisten störte: die meisten waren nicht mal auf Deutsch. Ich durfte mich also durch medizinische Fachbegriffe in einer fremden Sprache durchkämpfen, in der Hoffnung irgendwo wenigstens eine neutrale und brauchbare Information zu erhalten. Und da habe ich beschlossen selber aktiv zu werden. Warum teilen die Menschen ihre Geschichte nur, wenn sie das schrecklichste vom Schrecklichen erlebt haben, nie mehr arbeiten können, geschweige denn gesund werden. Gerade bei so einer seltenen Erkrankung findet man leider fast ausschließlich traurige Geschichten.

Aber sollten wir nicht auch die positiven Nachrichten verbreiten?
Ich möchte die Betroffenen oder die Angehörigen mit Informationen versorgen, bei denen man sich nicht weinend unter der Bettdecke verkriechen will. Denn viel wichtiger ist bei so einer Diagnose den Mut und die Hoffnung zu bewahren. Beeinflussen können wir diese Krankheit sowieso nicht, denn sie ist angeboren. Klar, Chiari kann durchaus schwere Symptome mit sich bringen, aber ich bin schon mal ein Beispiel für Jemanden, der kaum Symptome zeigt. Und deshalb möchte ich meine Geschichte mit euch teilen. Man muss nicht immer sofort sterbenskrank oder schwer behindert sein, wenn man eine Fehlbildung am Gehirn hat. Und gerade, in dem Moment in dem ich diese Worte tippe, weiß ich auch noch nicht, ob alles gut gehen wird. Aber im Gegensatz zu den anderen zeige ich noch kaum Symptome – trotz falsch gewachsenem Kleinhirn. Gibt das nicht schon mal ein wenig Hoffnung? 🙂 Und ich glaube fest daran, dass alles gut werden kann.
Ganz wie meine Mutter immer sagt: Alles wird gut!

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